Egoismus, Selbstwert, Selbstliebe, Selbstzweifel

Die Wahrheit über Egoismus

Von klein auf wird uns eingetrichtert, Egoismus ist nicht gut. Es ist etwas Schlechtes. Sei bitte für die anderen da, opfere dich auf – sei uneigennützig und völlig selbstlos.

Wir müssen lernen, beim Egoismus zu differenzieren:

gesunder Egoismus,

negativer Egoismus

und getarnter Egoismus.

Okay, viele werden schon mal die Unterscheidung zwischen gesundem und negativem Egoismus gehört haben. Trotzdem werde ich darauf nochmal eingehen (den getarnten Egoismus vergesse ich schon nicht).

Bei Egoismus denkt man sofort an selbstsüchtiges, rücksichtsloses Verhalten – immer auf den eigenen Vorteil bedacht.

Ja, klar gibt es das. Und gar nicht so selten. Keine Frage.

Doch für die allermeisten führt diese Definition dazu, dass sich lieber für andere aufopfern, immer zurückstecken, statt sich um sich zu kümmern.

Ich bin ja nicht so wichtig. Hauptsache den anderen geht es gut!

BULLLLLLLSHIIIIIIITTTTTT!

Beantworte dir bitte mal ehrlich folgende Fragen:

– wie willst du gut für andere da sein, wenn du am Limit bist?

– wie willst du anderen Kraft, Unterstützung, Hilfe und Energie geben, wenn du völlig ausgelaugt bist?

– wie willst du dich um andere kümmern, wenn du nicht einmal um dich selbst kümmerst?

Geht einfach nicht!

Zwei Beispiele, die ich bei diesem Thema immer gerne erzähle:

1. Im Flugzeug wird bei den Sicherheitsregeln immer erklärt, dass du dir zuerst die Atemmaske aussetzen sollst bevor du anderen hilfst. Logisch, wem kannst du helfen, wenn du wegen Sauerstoffmangel umfällst?

2. Du kannst einem anderen Auto nur Starthilfe geben, wenn die Batterie deines Autos auch genug Saft hat.

Das heißt: Du kannst dem anderen nur etwas geben, was du auch selber hast!

Du siehst, ein wenig Egoismus ist ganz gesund und wichtig.

Doch wie unterscheide ich jetzt positiven gesunden Egoismus von negativen?

An sich recht simpel:

Positiver gesunder Egoismus ist, wenn du auf dich achtest, dich um dich kümmerst und deine Bedürfnisse wahrnimmst.

Negativer Egoismus ist, wenn du anderen deinen Willen aufzwingst oder sie zu deinem Vorteil ausnutzt.

In der Theorie klingt das wirklich simpel, doch in der Praxis wird es schnell tückisch und du fragst dich vielleicht, ist das jetzt gesunder Egoismus oder ist es negativer Egoismus?

 

Lass uns mal den Praxistest machen:

Entscheide dich bei jeder Aussage, ob es gesunder oder negativer Egoismus ist.

1. Du bittest deine Kollegin, Aufgaben von dir zu übernehmen, weil du einen privaten Termin hast. Im Gegenzug allerdings bist du nicht bereit, ihr mal eine Bitte zu erfüllen.

2. Du sagst, deiner Kollegin, dass du kein Bock mehr hast, ständig für sie einzuspringen und verweigerst deine Unterstützung, weil du selbst genug um die Ohren hast.

3. Du leihst dir Geld bei Freunden & Bekannten, gibst es aber nie zurück.

4. Du leihst einem Freund kein Geld mehr, weil du weißt, dass du es nicht zurück bekommst.

5. Du nimmst ständig die Hilfe, Zeit und Unterstützung anderer in Anspruch. Bist aber für andere nicht da.

6. Du hilfst einem Freund nicht, weil du dich nicht gut fühlst oder gestresst bist.

7. Du drängelst dich an der Kasse im Supermarkt ständig vor, das Warten nervt dich so.

8. Du bittest, dich an der Kasse im Supermarkt vorzulassen, damit du nicht den Termin oder Zug verpasst.

Wie hast du dich entschieden?

Die ungeraden Zahlen sind dem negativen Egoismus zu zuordnen, die geraden Zahlen dem gesunden Egoismus.

Im Kontrast geht es schon etwas leichter, oder?

Du siehst, oft hängt es mit dem Gedanken dahinter oder der Absicht zusammen.

Damit sind wir jetzt auch endlich  beim „getarnten Egoismus“.

Folgendes Beispiel:

Deine Freundin will sich mit dir verabreden. Du sagst zu, obwohl du total müde und abgespannt bist und gar keine Lust hast.

Ist doch soooo nett von dir, oder?

Abgesehen davon, dass das Treffen euch beiden vielleicht gar nicht so viel Spaß wie sonst macht, bist du danach auch noch geschaffter. (denk an den Sauerstoff)

Aber das war doch wirklich so gut gemeint von dir!

Wirklich?

Welcher Gedanke steckte denn hinter deiner Zusage zu dem Treffen?

Wenn ich jetzt absage, dann denkt sie vielleicht schlecht von mir… dann wird sie sich nie wieder mit mir treffen wollen… dann wird sie erkennen, dass ich gar nicht gut genug bin…

War es die Angst vor Zurückweisung und Ablehnung, die dich dazu bewogen, dem Treffen zu zustimmen?

Wenn du jetzt nickst, dann fühl dich herzlich umarmt – denn das ist oft so. Damit bist du nicht allein.

Aber ich muss dir auch sagen und das kann jetzt ganz schön piksen

Es ist egoistisch.

Dein Wunsch, gemocht zu werden und anerkannt zu werden – ist normal.

Wir wollen das doch alle.

In diesem Sinne handeln wir alle egoistisch.

Doch wenn ich mich verstelle und verbiege, um dem anderen zu gefallen – handle ich getarnt egoistisch unter dem feinen Deckmäntelchen der Nettigkeit und Aufopferung.

Es ist dann nicht mein primäres Ziel, dass ich eine gute Zeit mit meiner Freundin erlebe, dass ich sie unterstütze etc. – sondern ich will sie manipulieren, ich will, dass sie mich mag.

Autsch – gell?

Frag dich mal ehrlich, wenn du in die Nettigkeitsfalle tappst, was dein eigentliches Motiv dahinter ist?

Du merkst, es ist gar nicht so einfach.

Aber ich bin mir sicher, du wirst mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit immer besser in den feinen Unterscheidungen werden.

Und wenn du mal zuuu egoistisch oder mal zuuuu nett oder mal zuuuu nett aus egoistischer Absicht bist, ist das auch kein Drama.

Es geht hier nicht um Perfektion.

Es geht nicht um alles richtig zu machen.

Am Ende zählt die Balance und die Aufmerksamkeit.

Und die Erkenntnis,

dass DU wichtig und absolut genug bist,

dass es völlig reicht, so zu sein wie du bist,

denn so wie du bist,

bist du perfekt.

Du hast das Recht und die Pflicht,

auf dich zu achten

und für dich zu sorgen.

Denn du bist einzigartig –

und die Welt braucht genau DICH

mit all deinen Fähigkeiten, Gaben, Talenten und deinem Sein –

in deiner vollen Pracht & Kraft.

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