
Selbstkritik: Warum bist du so hart zu dir?
Es bricht mir wirklich das Herz, wenn ich höre oder lese, wie du dich selbst fertigmachst und dich selbst zerfleischst mit deiner Selbstkritik. Und ich weiß ganz genau – aus meiner eigenen Erfahrung – wie viel Schmerzen du dir zufügst und wie sehr du dir selbst im Weg stehst.
Und ich möchte dich in diesen Momenten schütteln, in den Arm nehmen und dir sagen: Hör endlich auf mit dem Scheiß! Deswegen schreibe ich dir heute.
Immer wenn wir aus unserem Kokon schlüpfen wollen, sei es für ein schwieriges Gespräch, für ein Projekt im Job, dann treffen wir auf unseren größten Kritiker : Auf uns selbst! Auf unsere Selbstkritik.
Elizabeth Gilbert hat in ihrem Buch „Big Magic“ geschrieben, dass die Angst immer mitfährt – sie allerdings nie ans Steuer darf. Ich fahre einen großen Bully und auf der Rücksitzbank fahren die Angst und mein Kritiker mit. Die beiden aus meinem Leben zu verdrängen, wäre falsch. Denn sie haben durchaus ihre Funktion. Nämlich mich zu warnen bei berechtigter Gefahr (Angst) und mich zu meinen besten Leistungen (Selbstkritik) anzuspornen. Doch auf dem Beifahrersitz darf mein Verbündeter mitfahren. Und ich möchte dich einladen, deinen Verbündeten in dir zu finden.
Einen Verbündeten in uns zu haben, ist großartig. Jemand, der dir sagt, das hast du grossartig gemacht, das schaffst du, ich bin an deiner Seite. Und du kannst selbst dein Verbündeter sein. Denn es wichtig, sich selbst den Rücken stärken und Mitgefühl mit sich zu haben. Denn wie kann ich erwarten, dass andere mir den Rücken stärken, meine Verbündete sind – wenn ich es mir selbst nicht wert bin! Wenn ich kein Mitgefühl für mich habe, dann erlaube ich meinem Kritiker auf die grausamste Art gegen mich zu arbeiten, wenn ich mir mit meiner Selbstkritik meinen ganzen Mut raube.
Für andere hast du bestimmt viel Mitgefühl. Du bist eine mitfühlende Seele, sonst wärst du nicht hier am Lesen. Es ist leichter für andere Mitgefühl zu finden. Wenn dir jemand von seinen gescheiterten Versuchen, von seiner verzweifelten Situation erzählt, dann kannst du leicht mitfühlen. Denn du bist von dieser Situation nicht bedroht.
Ganz anders schaut es aus, wenn du selbst in dieser verzwickten Situation bist. Dann fühlst du dich bedroht. Und wenn Gefahr bzw. eine Bedrohung da ist, dann reagieren wir wie die Steinzeitmenschen. Unser Stammhirn aktiviert sich.
Und es gibt drei Möglichkeiten:
- Kampf
- Flucht
- Einfrieren
In dem Moment schütten wir mehr Cortisol (Stresshormon) aus, um das Problem zu attackieren. Doch wenn wir in eine emotionale vertrackte Situation geraten und einen Fehler gemacht haben, dann fühlen sich unsere Gedanken selbst wie eine Bedrohnung an. Wir greifen das Problem an, doch im Endeffekt sind wir das Problem.
Also nochmal anders formuliert, weil ich es wichtig finde: Wir gehen das Problem an, in dem wir uns selbst angreifen. Selbstzerstörung deluxe.
Natürlich geht es auch anders herum, dass wir andere verantwortlich machen für unser Problem und die anderen angreifen. Doch ich weiß, dass du oft eher zu viel Verantwortung auf deine Schulter lädst, als es auf andere abzuwälzen. Deswegen habe ich das andere nur erwähnt und gehe nicht weiter darauf ein.
Wie sieht nun die Reaktion in den unterschiedlichen Stammhirnmodi aus?
1.) Der Kampfmodus
Wir schlagen uns selbst mit den grausamsten Wörtern und Sätze. So was wie „du bist so ein Idiot.“, „Siehste, das kannst du einfach nicht.“ „Kein Wunder, dass das passiert ist, wer soll dich schon mögen?“, „du bist doof/unfähig/nicht liebenswert/nicht genug/häßlich“.
2.) Der Fluchtmodus
Wir werden ängstlich und unruhig, möchten einfach nur dieser Situation und vor uns entfliehen. Wir betäuben uns mit Alkohol, Essen, Internet und Fernsehen. Einfach nichts mehr fühlen und spüren.
3.) Das Einfrieren
Wir sind quasi handlungsunfähig und durchdenken die Situation immer wieder. Was ist falsch gelaufen? Wie hätte ich es verändern können? Was hat er/sie gesagt und was soll es bedeuten? Wie kann ich es interpretieren? Eine endlos Gedankenschlaufe.
Diese drei Modi sind kein entweder oder, sie können durchaus gemischt verlaufen. Welche Reaktionen kennst du von dir?
Die gute Nachricht
Dein Verbündeter kann dir helfen aus dieser Geschichte auszusteigen. Denn in uns angelegt sind nicht nur die Stammhirn-Reaktionen, sondern auch ein Fürsorge-System. Dieses Fürsorge-System tritt bei der Mutter-Kind-Bindung zum Beispiel in Aktion. Es wird Oxytocin (das Kuschel- und Empathiehormon) ausgeschüttet. Dieses sorgt für mehr Vertrauen, Ruhe, Sicherheit, Großzügigkeit und Verbundenheit.
Was machst du, wenn du anderen dein Mitgefühl zeigst? Du berührst den Arm, nimmst in den Arm und machst ein tröstendes Geräusch.
Und so einfach ist es auch – unser System hat drei Trigger:
- körperliche Wärme
- sanfte Berührung
- universeller Ton
Wenn du deinen eigenen Verbündeten – dein Selbstmitgefühl – fördern möchtest, dann helfen diese drei Trigger. Und das Geniale ist, du kannst dieses System anzapfen, selbst wenn dein Verstand da nicht hingehen möchte.
Sie bringt uns aus dem Kopf in dein Herz und dein Körper kann sich entspannen.
Möchtest du endlich diese gemeine böse Stimme im Kopf loswerden? Dich selbst besser annehmen? Deine Selbstkritik auf den Rücksitz setzen? Vereinbare mit mir ein kostenloses Erstgespräch und wir schauen wie ich dich unterstützen kann.
Wenn du denkst, mehr Mitgefühl für dich ist eine Schwäche, dann irrst du dich gewaltig!
Es ist mutig, denn es bedeutet:
Ich bin bereit für mich zu sorgen und das ist wichtiger als das, was du von mir denkst!
Was kannst du jetzt tun?
Finde heraus, wo du deine Selbstkritik als Motivator gebrauchst (z.B. ich bin zu dick, zu faul, zu inkompetent). Nur weil du denkst, hart zu dir zu sein, würde dir helfen, etwas zu verändern. Wie würde ein weiser und liebevoller Mensch an deiner Seite dich unterstützen? Wie würde dieser Mensch dich sanft darauf hinweisen, dass dein bisheriges Verhalten eher contraproduktiv ist. Und wie würde dich dieser Mensch gleichzeitig dich ermutigen, etwas anderes zu versuchen? Was ist die unterstützenste Botschaft, an die du denken kannst? Schreib sie auf und lege es dir gut sichtbar irgendwo hin.
Führe ein Journal für eine ungefähr eine Woche. Schreibe alles auf, wo du dich selbst verurteilt und abgewertest hast, jede Erfahrung, die dir Schmerzen bereitet hat. Und für jedes Ereignis übe dich in deinem Selbstmitgefühl, sei freundlich und nachsichtig mit dir.
Erschaffe ein Mantra
Ich habe schnell herausgefunden, dass meine Selbstkritik mir gerne zuflüstert, du bist nicht gut genug. Und ich gewöhnte an, darauf zu antworten mit meinem Verbündeten, dem Selbstmitgefühl, „Tatsächlich bin ich in den meisten Situationen besser als ich denke.“ Diese kleine Erinnerung hilft mir, die Negativspirale von Angst und Selbstzweifel zu verlangsamen. Dann bin ich in der Lage, achtsam wahrzunehmen, was gerade passiert und kann bewusstere Entscheidungen treffen darüber was ich jetzt tun möchte. Um dein Mantra zu finden, denke einfach daran, was ein weiser Mentor oder ein liebe Freund dir sagen würde. Schwupps, da ist dein Mantra!
Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass dieser Artikel dir hilft,
nicht mehr so verdammt hart zu dir zu sein,
nicht mehr so verdammt fordernd und gemein mit dir selbst zu sprechen
sondern dass, du dich liebevoll wie einen guten Freund behandelst.
Wenn du jemanden kennst, der so verdammt hart mit sich ins Gericht geht, dann teile es doch bitte mit der Person. Für dich eine kleine Geste, für den anderen vielleicht ein Augenöffner.