Vertrauen, Entscheidung, Grenzen, Betrug, Täuschung, Verletzlichkeit, Enttäuschung

Vertrauen ist eine bewusste Entscheidung

Wir haben alle schon viel erlebt in unserem Leben. Oft ist Vertrauen enttäuscht oder sogar missbraucht worden. Es verletzt und schmerzt. Anderen zu vertrauen fällt immer schwerer. Gründen und auch Ausreden dafür haben wir viele. Lieber alles mit sich ausmachen, in den Kokon zurückziehen, sich nicht helfen lassen, sich nicht fallen lassen und bloß immer die Kontrolle bewahren. Nur nicht mehr den Schmerz und die Enttäuschung spüren.

Doch was ist die Konsequenz?

Vertrauen entsteht nicht sofort, es wächst langsam. Mein Hund Nelly war vor ca. 9 Jahren meine erste Klientin für „Raus aus dem Kokon“. Sie kommt aus dem Tierschutz und ihr erstes Lebensjahr verlief nicht rosig. Leider weiß ich nicht viel darüber, nur dass sie bei einem Jäger in Italien war und nicht schussfest ist. Bei einer Röntgenaufnahme entdeckten wir auch einen alten Bruch an der Beckenschaufel. Unser erstes Zusammentreffen erfolgte in der Pflegestelle. Ich sah einen Hund, der geduckt durchs Zimmer huschte und sich einen kurzen Moment mir näherte, ein Leckerchen nahm und dann wieder verschwunden war. Beim Spaziergang erlebte ich einen völlig anderen Hund, voller Lebensfreude, wild und neugierig auf die Natur, die Nase im Wind, um irgendeine Spur aufzunehmen. Im Haus war sie gefangen in ihrem Kokon der Angst, draußen war sie wild und unkontrollierbar.

Nelly schenkte mir ein Minimini-Murmelchen an Vertrauen, in dem sie auf der Pflegestelle ein Leckerchen von mir nahm. So etwas hatte sie vorher nie getan. Als die Pflegestelle mich anrief und sagte, der Hund hat später die ganze Zeit auf deinem Platz gelegen, war es um mich geschehen. Nelly zog bei uns ein. Die ersten Monate waren hart. Ich sammelte viele Murmeln und ich verlor auch mal Murmeln. Es waren die kleine kontinuierlichen Dinge, die ihr Vertrauen wachsen ließ. Über die Jahre ist ihr Vertrauen in mich unerschütterlich geworden. Sie ist ein fröhlicher wilder frecher sanfter Hund mit ein paar kleinen Ängsten.

Wie baut sich Vertrauen auf?

Vertrauen ist nicht nur die Abwesenheit von Lügen, Betrug oder Täuschung. Vertrauen muss gepflegt werden, aufgebaut werden und beschützt werden.

Es sind gar nicht die großen Gesten, die Vertrauen erschaffen können. Es sind diese klitzekleinen Aufmerksamkeiten. Dass sich jemand erinnert, an das, was du der Person erzählst hast und nachfragt. Dass sich jemand an den Namen deiner Kinder oder deines Partners erinnert. Kleine Gesten. Oder auf der Arbeit einfach mal innehält und sieht, dass es dir nicht gut geht und sich erkundigt und dir vielleicht auch etwas Arbeit abnimmt.

John Gottmann hat eine wunderschöne Geschichte dazu. Eines Abends las er einen spannenden Krimi. Nur noch die letzten Seiten fehlten. Er ging ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Und dann wollte er den Schluss des Buches lesen. Doch im Bad traf er seine Frau. Sie schien betrübt zu sein. Und er stand vor der Wahl – das spannende Finale des Krimis oder bei seiner Frau zu sein. Es sind diese kleinen Entscheidungen, die Murmeln in das Glas bringen.

Wie oft stehen wir vor der Entscheidung? Und wie oft entscheiden wir uns für den anderen und fürs Vertrauen?

7 Zutaten für Vertrauen:

Ein paar allgemeingültige Grundsätze gehören zum Vertrauen nach Brené Brown.

1) Grenzen

Du respektierst meine Grenzen. Wenn du dir nicht klar bist, ob etwas für mich in Ordnung ist oder nicht, fragst du nach. Du bist bereit, Nein zu sagen und um Hilfe und Unterstützung zu fragen.

2.) Verlässlichkeit

Du machst, was du sagst. Du versprichst nicht das Blaue vom Himmel und bist dir deiner eigenen Grenzen bewusst.

3.) Verantwortung

Du übernimmst Verantwortung für deine Fehler, entschuldigst dich und machst es wieder gut. Du beschuldigst nicht andere für deine Fehler.

4.) Verschwiegenheit

Du teilst nicht Informationen oder Erfahrungen, die vertraulich sind. Ich brauche die Gewissheit, dass du nicht irgendetwas vertrauliches von mir mit anderen teilst.

5.) Integrität

Du wählst Mut vor Bequemlichkeit. Du entscheidest dich für das, was richtig ist, nicht für das einfach, leichter ist oder mehr Spaß macht. Du stehst zu deinen Werten und lebst sie.

6.) Vorurteilsfrei

Ich kann dich um das fragen, was ich brauche und du kannst fragen, was du brauchst. Wir können ohne Bewertung darüber reden.

7.) Großzügigkeit

Du neigst zur positiven Interpretation von Äußerungen und Handlungen.

Vertrauen und Verschwiegenheit

Einen Punkt möchte ich mal ganz besonders hervorheben. Die Verschwiegenheit. Die Verschwiegenheit bezieht sich nicht nur wie der andere mit meinen persönlichen vertraulichen Informationen umgeht. Sondern du erkennst sie auch, wie der andere mit den Informationen von anderen Personen umgeht. Ich hatte früher in meinem Freundeskreis Personen, die gerne über andere erzählt haben, nicht unbedingt die nettesten Sachen und auch Sachen, die nicht für meine oder andere Ohren bestimmt waren. Das ist eine ganz knifflige Angelegenheit. In dem Moment, wo man so etwas teilt, dann entsteht eine Verbindung. Und ich glaube auch, dass das primäre Ziel da ist, eine Verbindung zu schaffen zu dem andern. Doch diese Verbindung ist nicht echt. Denn mit Verbindung geht Vertrauen einher.

Ich werde sehen, wie du mit dem Vertrauen von anderen umgehst und das wird mein Vertrauen in dich formen.

Ist Vertrauen in Beziehungen für dich ein Thema? Oder dein Vertrauen in dich selbst? Oder das Vertrauen in das Leben? Dann lass uns doch mal reden. Starte hier mit deinem ersten Schritt.

Vertrauen und Verletzlichkeit

Vertrauen aufbauen bedeutet nicht nur dem anderen beizustehen, Probleme des anderen zu lösen, sondern auch um Hilfe zu fragen. Also das ist wirklich eine Erkenntnis! Es ist nicht so leicht für mich um Hilfe zu fragen – na gut, es kostet mich Mühe und Anstrengung. Brené Brown sagte „You cannot judge yourself for needing help but not judge other for needing your help!“ Verdammt! Sie hat es auf den Punkt getroffen, den Gedankenirrwitz. Ich kann mich nicht selbst dafür verurteilen, dass ich Hilfe brauche, während ich es bei anderen völlig in Ordnung finde. Und wie ich mir da einen schönen Kokon gebaut habe, denn ich helfe und unterstütze gerne. Doch auf der anderen Seite habe ich den anderen nicht in mein Kokon gelassen und um Hilfe gefragt. Es geht um die Balance verlässlich zu sein und verletzlich sein. Die Sätze „Ich brauche Unterstützung.“ genauso oft zu sagen wie „was brauchst du?“. Es ist kein weder noch – es ist beides! Um Unterstützung zu fragen, ist oft nicht einfach.

Wie sieht es bei dir mit Vertrauen aus? Was sind deine Erfahrungen, deine Anregungen? Ich freue mich auf einen Austausch mit dir!

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