Wut, Beziehung, Konflikt, Energie, Umgang mit Wut, Zorn

Wut tut gut! Ein leidenschaftliches Plädoyer für Wut.

Letzte Woche habe ich darüber geschrieben, wie man Wut erkennt in der Mimik und in der Körperspannung. Heute gehe ich auf innere Gefühlswelt ein.

Wut tut gut!Ich finde Wut ist eine der stärksten, eine der unterschätzten, eine der am wenigsten verstandenen und am meisten unterdrückten Emotion.

In den letzten Monaten habe ich oft Wut verspürt – Wut auf mich, Wut auf andere, Wut auf Ereignisse. Ich habe versucht, mit dieser Wut umzugehen. Sie ignoriert, sie unterdrückt, sie an die Seite geschoben – versucht, mich gut zu fühlen. Ich war trotzdem wütend. Das wollte ich weder zugeben noch zulassen. Also habe ich die Wut in ein schönes Kästchen gepackt und weggeschlossen.
Dann passierte das, was Eckhart Tolle als „painbody“ bezeichnet. In mir und an mir klebte ein verschlossenes Kästchen voller Wut. Es kostete mich Energie und Kraft, den Deckel auf meiner Wut zu halten. Tag für Tag fühlte ich mich schwerer, kraftloser, energieloser. Das ist ungefähr so wie, wenn Du 1000 € benötigst und Du die immer zur Verfügung hast. Mit der verschlossenen Emotion zahlst Du von den 1000 € gleich 400€ an das Kästchen – schwupp, musst Du mehr erwirtschaften.
Ohne Wut besteht das Risiko,
  • dass die Gefühle abstumpfen (gefühlstaub)
  • depressiv zu werden
  • co-abhängig zu werden
  • die eigenenGrenzen zu verlieren
  • den eigenen Magnetismus, das Strahlen zu zerstören
Für Wut brauchst Du einen enormen Selbstwert. Das klingt jetzt etwas widersprüchlich. Doch Wut, die aus einem geringen Selbstwert kommt, ist Zorn.
Die Wut, von der ich hier rede, ist kein gewaltsamer Ausbruch und hat keinen aggressiven Charakter, sondern entsteht spontan als Reaktion. Es ist das Setzen von Grenzen mit Liebenswürdigkeit. Es ist inneres Feuer.
Wenn man einen guten Selbstwert hat, dann möchte man auf eine bestimmte Art und Weise behandelt werden. Man steht zu sich und sagt:
In dem Moment bist Du gut zu Dir und stehst Du und bist stark und klar genug, um zu sagen, was Du nicht willst.

 

Als ich das erkannt habe, hab ich mein Kästchen aufgemacht und Entscheidungen gefällt, Dinge angesprochen, Dinge geändert, Dinge losgelassen.
Wir haben eine große Bandbreite von Emotionen – von höchster Glückseligkeit bis zum tiefsten Wahnsinn. Wir wechseln häufig und manchmal auch sehr schnell die Emotionen, selten bis von der Spitze bis zum tiefsten Punkt – doch sie bleiben nicht den ganzen Tag gleich.
Durch unsere Erziehung, durch unser Umfeld, durch unsere Erfahrungen haben wir die Emotionen in positive und negative eingeteilt. Schmerz, Trauer und Angst sind gesellschaftlich akzeptierte Emotionen, fürWut ist oft kein bewusster Platz. Vielleicht deshalb weil dieses Gefühl oft mit Aggression verwechselt wird. Wut ist eine elementare Emotion, ohne die wir nicht leben können. Sie erfüllt einen wichtigen Zweck, sie beschützt ein verletztes Herz, bietet Raum für Verletzlichkeit.
Wut ist die Quelle von Energie. Diese Energie ist dick, schwarz und häßlich und keiner mag sie. Wenn Du sie allerdings veredelst, dann entsteht was Wunderbares. Es ist vergleichbar mit Erdöl – Erdöl ist dunkel, schwarz, eklig – in der Veredelung wird es Benzin, Gas, Petroleum.
Wie veredelt man Wut? Ich habe mich der Wut gestellt, sie zugelassen als Gefühl und nicht verurteilt. Sie als Teil von mir erkannt, den Wert der Wut gesehen und sie dankbar als mein Schutzschild für mein ICH angenommen. In dem Moment verwandelte sich die Wut in ein Feuer, in eine Flamme in mir, weckte meine Sehnsüchte, mein Verlangen, öffnete neue Räume und ließ Neues wachsen. Es machte mich vital, lebendig. Ich musste meine Wut nicht mehr krampfhaft unterdrücken und die gesamte Körperspannung ließ nach, meine Position war nicht mehr starr, sondern wurde flexibel, beweglich. Ich bin entspannt, dennoch brennt in mir dieses Feuer in meinem Kern. Dieses Feuer geht nie aus. Mit dieser Energie kannst Du alles tun.
Es ist nicht die Wut, um wütend zu sein, sondern es ist wichtig, die Energie und die Kraft die hinter dieser Emotion steckt zu erkennen. Es ist Ja zu sich selbst und klares Nein, zu allem was über die eigenen Grenzen und Werte geht. Wut in der reinen Form ist ein Ausdruck an Selbstliebe und Integrität mit mir selbst. Es ist eine beschützende Energie voller Kraft und Feuer, eine klare Form vom leidenschaftlichen Willen zu leben und sich zu zeigen.
Wie stehst Du zu Wut? Wie gehst Du mit Wut um? Ich bin gespannt, an welchen Punkten, Du mit mir übereinstimmst, welche Punkte, Du nicht mit mir teilst. Ich freu mich auf einen leidenschaftlichen Austausch mit Dir.

Veronika Krytzner

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Bilder: © lassedesignen – Fotolia.com © Hetizia – Fotolia.com
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